Text: Felix Krakow | 25.05.2022
Der Song zum Bike: Linkin Park - Sharp Edges
Von Anfang an steht die polnische Marke Rondo für herausstechende Designs und außergewöhnliche Lösungen. Genau das unterstreicht auch das brandneue Rondo Ratt – und zwar ziemlich stark. Mit einer besonders markanten, fast aggressiven Rahmenform und extrem breiten 650b-Reifen zeigt sich das Ratt als Gravelbike mit Ecken und Kanten.
Wobei: Ist das überhaupt ein Gravelbike? Rondo selbst bezeichnet das neue Ratt als das „Rennrad der Zukunft“ und meint damit ziemlich deutlich: das Allroad Bike. Was es damit auf sich hat und wie sich dieses Bike fährt? Wir haben es im Schotter-Check ausprobiert.
Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere von euch noch daran, wie das vor ein paar Jahren alles angefangen hat, mit dem Thema Gravelbike in Deutschland. Damals ging es für die meisten Menschen im Prinzip um ein Rennrad, das aber eben auch die weniger gut bis gar nicht asphaltierten Wege nicht scheut. Genau diese Idee will Rondo mit dem Ratt perfektionieren. Ein sportliches Rad für den flotten Einsatz auf und abseits der Straße, aber nicht zu sehr in Richtung Mountainbike. Dazu setzt Rondo auf einen schon optisch außergewöhnlichen Rahmen, der viel Dämpfungskomfort bieten soll. Von der markanten Gabel über den kantigen Rahmen mit besonderen Rohrformen macht das Rondo auf sich aufmerksam. Optisch schön gelöst ist auch die Integration der Bremsleitungen. Sie laufen fast unsichtbar vom Lenker in den ebenfalls sehr markanten, CNC-gefrästen Vorbau. Vor allem aber fassen Rahmen und Gabel die breiten, aber wenig profilierten Reifen für den komfortablen Einsatz auf Straße und Schotter.
Konkret sind an unserem Test-Ratt, genau wie an den Serienmodellen, 47 Millimeter breite 650b-Pneus montiert. Wenn auch nicht das gleiche Modell. Denn während die im Handel erhältlichen Ratts des Modelljahrs 2022 auf Vittoria-Reifen rollen, sind am Testrad die Maxxis Re-Fuse montiert. Von der Art her sind sich die beiden Pneus mit ihrem reduzierten Profil allerdings recht ähnlich. Doch auch sonst entspricht unser Testrad nicht der Serienausstattung. Statt per Shimano GRX schaltet „unser“ Ratt mit Srams Rivale Tap AXS Gruppe, auch sind ein anderer Lenker und Sattel verbaut. Entsprechend konzentrieren wir uns hier auf den Kern des Ratts: seinen Rahmen und die breiten Laufräder. Auf jeden Fall auffällig ist dabei, dass Rondo beim Ratt bewusst auf Umwerfer und zweites Kettenblatt setzt und das Bike auch nur in entsprechenden Ausstattungen anbietet.
Rahmen | Rondo Ratt Fly Carbon |
Gabel | Rondo Twintip Carbon |
Schaltgruppe | Sram Rival eTap AXS 2x12 |
Übersetzung | 43/30x10-33 |
Laufräder | Rondo LIT |
Reifen | Maxiss Re-Fuse 650Bx47C |
Vorbau | Rondo CNC, 90 mm |
Lenker | Spank Wing Twelve Vibrocore, 44 cm, 12° Flare |
Sattelstütze | Rondo, 27,2 x 350 mm |
Sattel | NS Bikes |
Gewicht | 9,3 kg |
Für diesen Test durften wir dem Ratt zu zwei unterschiedlichen Gelegenheiten die Sporen geben. Einmal bei den Gravel Games, als wir es über die eindrucksvolle Halde Hoheward im Ruhrgebiet gejagt haben. Und dann beim längeren Testeinsatz im und um das Siebengebirge bei Bonn. Dabei waren wir vor allem auf Straßen, Feld- und Waldwegen unterwegs, haben aber auch den einen oder anderen Trail ausprobiert. Zum Beispiel auf den ausgewiesenen Strecken auf der Halde Hoheward.
Das Ratt mag es sportlich, das macht es schon optisch klar, um es auch in Sitzposition und Fahrverhalten gleich zu unterstreichen. Die Sitzposition fällt ziemlich tief und gestreckt aus. Und zwar selbst in der etwas entspannteren LO-Stellung der Rondo-typischen Twintip-Gabel. Die lässt sich nämlich über einen verstellbaren Achs-Einsatz ganz nach Geschmack in zwei unterschiedlichen Setups fahren. Und klar ist: Wer die Position der Vorderradachse verändert, beeinflusst damit die komplette Geometrie des Bikes. Sprich: in der HI-Stellung der Gabel fällt die Sitzposition noch etwas sportlicher aus, der Radstand verlängert sich, Lenk- und Sitzwinkel werden steiler und der Nachlauf geringer.
Da an unserem Testrad zudem kein einziger Spacer zwischen Steuerrohr und dem flachen Vorbau montiert ist, sitzt das Cockpit sehr weit unten. So fühlt sich das Ratt wirklich sehr nach einem sportlichen Rennrad an. Passend dazu vermittelt es mit geringem Nachlauf und steilem Lenkwinkel eine hohe Agilität, die je nach Interpretation leicht ins Nervöse geht. Im Gesamtpaket zeigt sich das Rondo Ratt so fürwahr als ein Bike mit Charakter.
Um die breiten Reifen auf den 650b-Laufrädern mit hoher Agilität zu paaren, hat Rondo die Gabel des Ratt ganz gezielt auf weniger Nachlauf getrimmt. Die breiten Reifen selbst rollen dabei richtig gut und bringen das Bike selbst auf Rumpelstraßen und Schotter ordentlich auf Speed. In langsameren Kurven vermittelt der Pneu allerdings ein wenig das Gefühl, als würde das Vorderrad abkippen wollen.
Ziemlich stark präsentiert sich das Ratt beim Dämpfungskomfort. Auch hier spielen die voluminösen Reifen natürlich eine wesentliche Rolle. Doch auch der Rahmen mit tief angesetzten Sitzstreben und einer laut Rondo speziell abgestimmten Anordnung der Carbon-Matten bietet ordentlich Flex. Auf Kosten der Steifigkeit geht der Komfort aber nicht. Im Gegenteil: Seinen sportlichen Charakter beweist das Ratt auch mit seinem starken Antritt und gutem Kletterverhalten.
Egal ob auf der Straße oder der Waldautobahn: Mit der Kombination aus sportlicher Geometrie, agilem Handling, breiten Reifen und hohem Dämpfungskomfort geht das Ratt ordentlich ab und macht richtig Spaß. Für sehr lange Touren würden sich manche Gravelbiker:innen allerdings vielleicht eine etwas entspanntere Sitzposition wünschen. Kaum Anschraubpunkte bietet das Ratt zudem für Taschen, Gepäckträger oder zusätzliche Flaschenhalter. Außer den vier Ösen im Rahmendreieck finden sich nur noch im Bereich der Hinterradachse zwei weitere Gewinde. Als Pendler-Graveler oder für längere Bikepacking-Trips will das Ratt also eher nicht eingesetzt werden.
Modell | Rondo Ratt CF1 |
Preis | 4.499 Euro |
Größen | S, M, L, XL |
Rahmen | Ratt Fly Carbon |
Gabel | Ratt Twin Tip |
Schaltgruppe | Shimano GRX 2x11 800 |
Übersetzung | 48/31x11-32 |
Felgen | Rondo X Hunt Gravel X-Wide Aluminium |
Reifen | Vittoria Terreno Zero 650B X 47 |
Vorbau | Rondo CNC |
Lenker | Easton EC70SL, 42 cm, 4° Flare |
Sattelstütze | Rondo Carbon, 27,2 x 350 mm |
Sattel | Selle San Marco Shortfit |
Modell | Rondo Ratt CF2 |
Preis | 3.599 Euro |
Größen | S, M, L, XL |
Rahmen | Ratt Fly Carbon |
Gabel | Ratt Twin Tip |
Schaltgruppe | Shimano GRX 2x10 400/600 Mix |
Übersetzung | 46/30x11-32 |
Felgen | Rondo Lit Rim |
Reifen | Vittoria Terreno Zero 650B X 47 |
Vorbau | Rondo ICR |
Lenker | Rondo Flare, 44 cm |
Sattelstütze | Rondo, 27,2 x 350 mm |
Sattel | Selle San Marco Shortfit |
+ markantes Design
+ hoher Dämpfungskomfort
+ starker Vortrieb
+ viel Reifenfreiheit
- wenig Anschraubpunkte
- sehr tiefes Cockpit
Das Rondo Ratt ist definitiv ein Rad der Extreme – und zwar in so ziemlich jeglicher Hinsicht. Entweder du fährst voll drauf ab oder kannst mit dem besonderen Konzept gar nichts anfangen. Unter dem Radar kannst du mit dem Geschoss auf jeden Fall nicht fliegen. Auf gerne auch etwas holprigeren Straßen und schönen Schotterpisten fährt es sich auf seinen Breitreifen so schnell wie es aussieht. Für den harten Gravel-Einsatz und größere Bikepacking-Einsätze ist es indes nicht ausgelegt.
Ganz klar: Ohne Support auch aus der Fahrradbranche können wir die Idee des Gravel Collectives nicht leben. Aber uns ist es wichtig, euch darüber zu informieren, wo und wie wir unterstützt werden. Wir spielen mit offenen Karten.
Konkret hat uns Rondo für diesen Artikel das Testbike kostenfrei für den Testzeitraum überlassen. Auf die Inhalte und Abläufe hatte Rondo keinerlei Einfluss.
Über diesen Link kannst du die Gravelbikes von Rondo im Online-Shop von Fahrrad XXL kaufen. Wir erhalten dabei eine Provision, um unsere Arbeit zu finanzieren. Also räumt am besten den ganzen Laden aus! ;-)