Irgendwie ist es ja schon komisch, wenn ausgerechnet der Urheber der Theorie, der Mensch bräuchte nur ein Fahrrad im Leben, nämlich Rahmenbau-Ikone Tom Ritchey, ein halbes Dutzend verschiedene Räder im Portfolio hat. Aber egal. Klar ist: WENN es wirklich nur dieses eine Rad sein soll, dann ja wohl ganz klar das Gravelbike. Das heißt bei Ritchey Outback, was so viel heißt wie Outback und bedeuten soll: draußen, weg von den Straßen, von den Städten, von der Zivilisation, nur du und dein Bike und das Abenteuer.
Text: Felix Krakow | Fotos: Tom Schlegel | 24.12.2021 (Update: 18.01.2022)
Der Song zum Bike: Red Hot Chili Peppers - Californication
Mit dem Bike ins Abenteuer im Hinterland? Genau das haben wir gemacht, denn wir waren mit dem grünen Stahlross in Murcia unterwegs. Und Kenner wissen: Da unten im Süden Spaniens bist du ziemlich schnell fernab von so ziemlich jeglicher Zivilisation – speziell außerhalb der Ferienzeiten. Dabei hatten wir, Spoiler Alert, ziemlich viel Spaß mit dem Outback.
Ritchey selbst bietet das Outback nur als Frameset an. Wer ein komplettes Gravelbike daraus zaubern will, sollte also mit dem Händler seines Vertrauens darüber sprechen oder gleich selbst Hand anlegen. Da so ein Rahmenset ohne weitere Teile im südspanischen Nirgendwo aber irgendwie nur eingeschränkten Fahrspaß vermittelt, haben wir von Ritchey ein komplett einsatzbereites Outback erhalten, ausgestattet mit Shimanos GRX Schaltgruppe und ansonsten fast ausnahmslos hauseigenen Komponenten.
Rahmen | Ritchey Outback V2 |
Gabel | Ritchey Carbon Adventure Fork |
Schaltgruppe | Shimano GRX 1x11 |
Übersetzung | 40x11-42 |
Laufräder | Ritchey WCS Disc |
Reifen | Ritchey WCS Speedmax 700x40C |
Vorbau | Ritchey WCS Toyon |
Lenker | Ritchey WCS WCS Beacon, 42 cm, 36° Flare |
Sattelstütze | Ritchey WCS Link |
Sattel | Ritchey WCS Skyline |
So. Fertig? Dann nix wie los. Mit diesem schicken Setup haben wir das Outback tagelang durch Murcia getrieben. Vom Start am Meer, entlang der Küste, hoch in die Berge und rasant wieder runter ans Meer und natürlich zum verdienten After-Ride-Bier im Sonnenuntergang am Strand. Es ging über traumhafte, leere Sträßchen, feinsten Schotter, durch tiefen Sand und ab und an auch über etwas ruppigere Trails.
Nein, dieses Gravelbike kann seinen Schöpfer nicht verleugnen. Tom Ritchey ist nun mal ein Racer. Und auch wenn das Outback eine etwas aufrechtere und entspanntere Sitzposition als sein flotter Bruder, das Ritchey Swiss Cross bietet: ein gemütlicher Genuss-Graveler ist es nicht. Das Outback mag es sportlich, wozu auch das trotz naturgemäß recht schweren Stahlrahmens insgesamt annehmbare Gesamtgewicht beiträgt. Denn durch Einsatz von leichten Carbonlaufrädern und mehr bringt „unser“ Outback immerhin nur 9,6 Kilogramm auf die Waage. Damit liegt es ziemlich genau im Gewichtsdurchschnitt der ewigen Gravel Collective Testdatenbank.
So wird das Outback noch nicht unbedingt zum Supersprinter, kommt aber trotzdem ordentlich auf Touren. Und dank der leichten Untersetzung mit 40er-Kettenblatt vorne und 42er-Ritzel hinten auch mehr oder weniger problemlos auf so ziemlich jeden Berg. Wer es noch kletterfreudiger mag, kann das Outback auch mit Umwerfer und Zweifach-Kurbel ausstatten. Auch bergab macht das Bike eine solide Figur und legt eine hohe Spur-Treue an den Tag. Hier kommt die Kombination aus recht langer Kettenstrebe, flachem Lenkwinkel und hohem Nachlauf der Gabel zum Tragen. Dabei greift sich der weit ausgestellte und leicht nach hinten gezogene Lenker sehr angenehm. Richtig klasse fand die Gravel Collective Test-Crew auch Ritcheys hauseigenen Reifen. Mit ihrem auf der Lauffläche reduzierten, aber zum Rand hin ausgeprägteren Profil bieten sie ordentlich Speed auf Asphalt und leichtem Schotter und viel Biss auf holprigerem Terrain. Und wer mag, kann noch deutlich breitere Gummis aufziehen: 48 Millimeter sind laut Ritchey für 700er-Laufräder drin, mit 650er-Rädern sogar 50 Millimeter.
Mit diesem Setup beweist sich das Ritchey Outback insgesamt als vielseitiger Begleiter. Von flotten Touren über den Einsatz als schicker Gravel-Commuter bis zum soliden Bikepacking-Trip macht das Outback alles mit. Das unterstreichen auch die diversen Montagepunkte an Rahmen und Gabel für Schutzblech, Gepäckträger, Flaschenhalter und mehr. Kleines Manko: Die etwas oldschool anmutenden, komplett außen verlegten Züge verhindern etwa die Anbringung einer Tasche auf dem Oberrohr. Dafür erleichtern sie auf der anderen Seite Aufbau und Wartung des Stahl-Gravelers deutlich.
Vor allem aber ist es doch irgendwie auch diese Retro-Aura, die das Outback zu einem so besonderen Fahrrad macht. Die sauber geschweißten, klassisch runden Stahlrohre, die bewährte Diamant-Form des Rahmens, die außenliegenden Züge – und eben dieser Name in großen Lettern auf dem Unterrohr: Ritchey. Eine Ikone des Rahmenbaus eben – auch auf dem Schotter.
Marke | Ritchey |
Modell | Outback V2 |
Modelljahr | 2021 |
Gewicht (Rahmenset) | 2,6 kg |
Gewicht (Testbike) | 9,6 kg |
Preis (Rahmenset): | 1.499 Euro |
Preis (ca. Gesamtpreis): | 3.800 Euro |
+ hochwertige Verarbeitung
+ viele Montagepunkte
+ liegt satt auf Straße und Schotter
+ vielseitig einsetzbar
- externe Zugführung beeinträchtigt Einsatz von Taschen auf dem Oberrohr und im Rahmendreieck
Mit gelungener Kombination aus sportlicher Sitzposition und hoher Laufruhe ist das Ritchey Outback V2 für jeden Spaß zu haben. Mit dem unverwüstlichen Stahlrahmen, komplett außen verlaufenden Zügen und ordentlich Zuladungsmöglichkeiten schreckt es auch vor den richtig langen Gravelbike-Abenteuern nicht zurück, vom unsupported Bikepacking-Race bis zur kompletten Weltumrundung.
A) Oberrohr (effektiv) | 556,5 mm |
B) Sitzrohr | 490 mm |
C) Steuerrohr | 150 mm |
D) Stack | 556,5 mm |
E) Reach | 383 mm |
F) Sitzwinkel | 73° |
G) Lenkwinkel | 70,5° |
H) Radstand | 1060,4 mm |
I) Kettenstrebe | 453 mm |
J) Nachlauf | 50 mm |
K) Tretlagerabsenkung | 68 mm |
L) Überstandshöhe | 795,5 mm |
Noch mehr Informationen zum Ritchey Outback V2 gibt es auf der Website des Herstellers. Hier erfährst du auch, wo du das Outback-Rahmenset kaufen kannst.