Text: Felix Krakow | Fotos: Torsten Frank | 14.01.2022
Wusstet ihr, dass ihr mit einer Bikepacking-Tasche am Gravelbike schneller unterwegs seid, als ohne? Das sagt zumindest Langstrecken-Fan Torsten Frank und stützt seine Aussage auf seinen ausführlichen Test zur Aerodynamik von Bikepacking-Setups. Mehr dazu erfahrt ihr in der ersten Ausgabe von Torsten Franks Nerd's Corner.
In einem unglaublich aufwendigen Testverfahren und mit einer mindestens ebenso aufwendigen Auswertung und Aufbereitung der Ergebnisse hat sich der Mann aus dem Wittgensteiner Land mit der Aerodynamik von Bikepacking-Taschen auseinandergesetzt. Der Grund: Neugierde. Torsten wollte schlichtweg wissen, ob seine These dazu, welches Setup wohl am windschnittigsten sei, auch wirklich stimmt. Nun fragen sich sicherlich viele von euch, warum man sich denn bitteschön bei einer hauptsächlich auf das Erkunden der Welt und weniger auf die Geschwindigkeit ausgelegten Disziplin wie dem Bikepacking mit dem Gravelbike um die Aerodynamik kümmern sollte. Tatsächlich lohnt sich der Aufwand für die meisten Gravelbiker:innen da draußen wahrscheinlich eher nicht. Aber diese Rubrik heißt ja nicht ohne Grund "Nerd's Corner". Und Torsten hat in seinem Test ein paar sehr spannende Erkenntnisse gewonnen, zum Beispiel Teilnehmer:innen von Bikepacking-Rennen durchaus interessieren dürften.
Alle Details zum Testaufbau und der Durchführung könnt ihr in Torstens Beitrag auf seinem Blog nachlesen. Und damit meinen wir wirklich ALLE Details.
Folgende Taschen und Systeme hat Torsten unter die Lupe genommen:
> Tailfin Aeropack
> Tailfin SL22 Pannier
> Tailfin 5L Mini-Pannier
> Cyclite Handlebar Roll
> Cyclite Aero Bar Bag
> Apidura SeatPack
Zumindest die drei wichtigsten Ergebnisse des Aero-Bikepacking Tests möchten wir euch hier aber präsentieren.
Erstens: Mit der entsprechenden Tasche am Rad kann das Gravelbike aerodynamischer sein als ohne.
Ja, ihr habt richtig gelesen. Eine Bikepacking-Tasche kann das Gravelbike schneller machen. Konkret haben zwei Produkte im Test, die Cyclite Aero Bar Bag und das Tailfin Aeropack, die Luft optimaler um das Rad fließen lassen. Kleiner Haken: Das durch die Taschen und vor allem deren Inhalt anfallende Mehrgewicht fließt nicht in die Gleichung ein. Aber das Gewicht habt ihr natürlich auch bei anderen Taschen.
Zweitens: Die klassische Lenkerrolle ist, zumindest wenn es um den Luftwiderstand geht, eine Katastrophe.
Aufgrund der Form und der aerodynamisch ungünstig quer zur Fahrtrichtung liegenden Ausrichtung verwundert es nicht wirklich, aber das Ergebnis war doch deutlich: Die bei vielen Bikepackern so beliebte Lenkerrolle sorgt für ordentlich Luftwiderstand.
Drittens: Das richtige Setup kann einen Zeitvorteil von mehreren Minuten bringen.
In einer Modellrechnung hat Torsten einen Zeitvorteil von rund sieben bis acht Minuten am Tag zwischen dem aerodynamisch vorteilhaftesten und unvorteilhaftesten Setup ermittelt. Das mag nach wenig klingen, kann im Rennmodus aber entscheidend sein. Ein Beispiel: Beim Badlands kam der Zweitplatzierte Ulrich Bartholmös im vergangenen Jahr nur 13 Minuten vor Janosch Wintermantel ins Ziel.
Und nun?
Müsst ihr jetzt eure Lenkerrollen wegschmeißen? Wir würden schon aus Nachhaltigkeitsaspekten dringend davon abraten. Aber spannend finden wir Torstens Test und seine Ergebnisse definitiv. Eins steht fest: Spätestens wenn wir bei unserer nächsten Bikepacking-Tour abends sieben Minuten nach Ladenschluss vor dem Supermarkt stehen, werden wir an die Formel zur erforderlichen Leistung für die Überwindung des Luftwiderstands denken:
Pw = Fw ⋅ v = cd ⋅ A ⋅ 1/2 ⋅ rho ⋅ v3
Bis dahin sind wir schwer gespannt, was Torsten als nächstes so ausheckt.
Interessant: Das Setup mit den großen 22-Liter-Taschen von Tailfin (links) schneidet aerodynamisch gar nicht so viel schlechter ab als die Variante mit dem kleineren 5-Liter-Taschen (mitte). Praktisch: Die "Arschrakete" von Apidura (rechts) versteckt sich im Windschatten des Gravelbikers oder der Gravelbikerin.
Den kompletten Test zur Aerodynamik von Bikepacking-Setups findet ihr auf Torstens Blog. Unser Tipp: Nehmt euch ein paar Tage frei, bevor ihr mit der Lektüre beginnt. Denn kombiniert mit der Erklärung des Testprozederes reden wir hier von 91(!) Seiten reinen Textes.