19.12.2023 | Text: Jan Holbeck | Titelfoto: Daniel Ahlgren
Deutscher Winter bedeutet oft Schmuddelwetter. Die Kombination aus nass und kalt macht das Wärmemanagement auf dem Gravelbike zur Herausforderung. Nässe kriecht in die Ritzen der Kleidungsschichten und kommt durch matschige Wege auch genauso oft von unten wie von oben. Nicht umsonst haben Indoortrainer im Winter Hochkonjunktur.
Aber wir möchten uns den Spaß am draußen fahren nicht von der Jahreszeit vermiesen lassen. Deswegen hat die Gravel Club-Testcrew den frühen Wintereinbruch genutzt und Methoden und Produkte in drei Budgetklassen getestet. Dafür haben wir No-Budget-Tipps aus der Community getestet und Low-Budget-Produkte wie spezielle Socken und Überschuhe ausprobiert. Für die High-Budget-Variante sind wir mit mehreren Winterschuh-Modellen bei frostigen Temperaturen über matschige Waldwege gegravelt.
Zum einen sind die Hände und Füße auf dem Bike viel Fahrtwind ausgesetzt und werden gleichzeitig relativ wenig bewegt. Zum anderen sind an den Extremitäten kaum Fett und Muskeln vorhanden. Wird die Umgebung kälter, sorgt unser Körper für eine ausreichende Blutversorgung der wichtigen Organe. Er fokussiert den Wärmeerhalt auf die Körpermitte. Die Gefäße in den Extremitäten ziehen sich zusammen und dies sorgt dafür, dass die Durchblutung der Hände und Füße auf das Nötigste reduziert wird. Kalte Füße sind nicht nur sehr unangenehm, sondern können auch richtig schmerzhaft werden. Obwohl man sich bewegt und der Körper durchaus gut temperiert ist, klagen viele aus unserer Community über kalte Füße bei winterlichen Graveltouren.
Auf Instagram haben wir nach euren Winter-Lifehacks für warme Füße gefragt. Neben einigen Antworten zum Schmunzeln, wie "Glühwein" oder "Auf dem Sofa bleiben", habt ihr uns auch viele DIY-Methoden geschickt. Den Sommer-Radschuh mit Alufolie oder Plastiktüte winterfest machen? Wir haben es ausprobiert! Viele dieser Tipps kommen sicher aus Zeiten, in denen wasserdichte Socken und andere Funktionstextilien noch kein Thema waren. Was damals gut war, muss heute nicht schlecht sein. Aber haben wir heute nicht trotzdem praktischere Lösungen, um nicht mehr zu frieren?
Das Gravel Club Test-Team, Jeanette und Mick vom Gravel Club Köln/Bergisches Land, Amira und Andreas vom Chapter RLP/Mosel, Sascha aus Berlin und ich, Jan vom Gravel Club Rheinland, hat sich nicht nur den Markt näher angesehen, sondern auch einige eurer Lifehacks unter die Lupe genommen. Das Ziel? Warme Füße für die Gravel Club Community!
Aber bevor wir in das Thema einsteigen, möchten wir anmerken, dass Kälteempfinden sehr individuell ist. In welcher Form und wie heftig das Gefühl auftritt, ist vielfältig. Leider gibt es Fälle, da helfen der beste Tipp und der beste Schuh leider nicht weiter, ein bisschen kalt werden die Füße trotzdem. Dann hilft nur noch ein warmes Getränk. Oder eine nette Schiebepassage.
Der erste Part unseres Ratgebers widmet sich einfachen und kostengünstigen Tipps und Tricks. Amira hat gleich mehrere “No-Budget“-Tipps ausprobiert. Der Testzeitraum lag an mehreren Sonntagen bei unterschiedlichen Temperaturen zwischen 0 und 10 Grad. Die Touren führten sie rund um ihre Heimatregion Trier in der Moseleifel. Meist war sie zwei bis drei Stunden unterwegs. Jan hat die Frischhaltefolie auf seiner Pendelstrecke ausprobiert.
Diesen Tipp haben wir über unseren Aufruf auf Instagram bekommen. Denn: Die fetthaltige Creme bildet eine Schicht auf der Haut, die Einflüsse wie Wind und Nässe aussperren und das Auskühlen verzögern soll. Vaseline oder auch Melkfett ist in vielen Drogerien und Supermärkten zu bekommen. Im Fachhandel gibt es auch sogenannte Wärmecremes, die ähnlich funktionieren. Doch kann eine Creme wirklich für warme Füße sorgen?
Amira und Andreas aus Trier (The Gravel Club RLP/Mosel) hatten die Ehre und gaben ihren Füßen eine Fettpackung. Amira war bereits zu Beginn skeptisch. Sie konnte sich eine komfortable und wärmende Situation einfach nicht vorstellen, was sich beim Testen auch bestätigte.
Ihr Fazit: Die Füße rutschten und so fehlte der Halt in den Fahrradschuhen. Außerdem schwitzten die Füße sehr und diese Kombination führte dazu, dass das Fahrradfahren keinen Spaß machte.
Besonders oft wurden die Hundekot-Tüten vorgeschlagen, da diese eine besonders passende Größe für viele Schuhgrößen haben. Die Tüten können unterschiedlich angewandt werden. Zum einen können sie unter der Sohle eine Barriere von der Cleataufnahme zum Pedal herstellen und vor Nässe und kalter Luft schützen. Zum anderen kann man den Fuß komplett mit der Tüte einpacken. Das schirmt ab vor Wind und Feuchtigkeit, kann dafür aber für schwitzige Füße sorgen. Nachhaltig ist die Plastiktüte nicht. Allerdings kann man sie in der Regel mehrfach verwenden, irgendwann reißt sie aber ein.
Amiras Fazit: Durch die Tüten mangelt es mir an Bewegungsfreiheit im Schuh. Man hat ein ähnliches Problem wie beim Tragen von zu vielen Socken übereinander. Außerdem kann der Schweiß nicht mehr nach außen transportiert werden. Dies führt dazu, dass man irgendwann gefühlt in den Schuhen schwimmt. Zudem riss in meinem Fall die Plastiktüte an verschiedenen Stellen sehr schnell, besonders vorne. Dadurch ergaben sich Schnitte zwischen den Zehen mit einem Gefühl, als würde man löchrige Socken tragen. Der Schutz vor Feuchtigkeit von außen war dann natürlich auch nicht mehr gegeben. Ideal ist diese Lösung für micht nicht.
Von Vorteil ist die Leichtmetallfolie, weil sie mehrlagig verwendbar und gut formbar ist. Der Theorie nach soll sie für eine gewisse Wärmereflektion sorgen. Dazu eignet sich die Folie gut als Schutz unter der Sohle. So kann sie an der Kältebrücke der Pedale als Zwischenschicht und Sperre wirken.
Alternativ können die Socken oder die ganzen Schuhe mit Alufolie umwickelt werden. Allerdings reißt die Folie schnell ein und Falten können im Schuh zu unangenehmen Druckstellen führen. Schuhüberzieher lassen sich auch nur schwer über die Schicht auf Alufolie ziehen, ohne die Folie zu beschädigen. Auch die fehlende Atmungsaktivität verringert den Komfort beim Fahren.
Größter Kritikpunkt der Alufolie ist aber, dass die Anwendung nicht nachhaltig ist. Die Herstellung und das Recycling von Aluminium ist sehr energieaufwändig. Solange man sie nicht nur unter der Sohle benutzt, ist für jede Fahrt neue Folie nötig.
Amiras Fazit zum Alufolien Tipp: Das Umwickeln der Socken mit Alufolie hat sich als beste Isolation gegen die Kälte erwiesen. Normalerweise benutze ich im Winter keine Winterradschuhe oder ähnliches. Aufgrund meiner langen Skikarriere habe ich viel Erfahrung im Umgang mit Kälte. Meist verwende ich nur gute Merinowollsocken, qualitative Sohlen und Überschuhe. So hat sich die Alufolie in meinem Fall als die beste No-Budget-Methode erwiesen. Während der gesamten Ausfahrt hatte ich warme Füße. Der einzige negative Aspekt ist, dass ich enge Fahrradschuhe trage und deshalb hat mir die zusätzliche Schicht in Form der Folie in den Schuhen ein unangenehmes Gefühl bereitet. Die Alufolie ist beim Anziehen der Fahrradschuhe gerissen. Das führte zum Eindringen von Feuchtigkeit.
Auch dieser Küchenhelfer ist günstig und überall zu bekommen. Die Folie sorgt für eine Barriere und schützt den Fuß vor Nässe von außen. Wie schon bei der Alufolie, können die Füße mit der Folie eingewickelt werden. Der Schuh kann jedoch auch hier schnell zu klein werden, wenn die Schicht zu dick wird. Und ebenso werden Falten schnell unkomfortabel und können Druckstellen verursachen.
Eine andere Möglichkeit ist, den Schuh in Folie einzuwickeln und darüber einen Überschuh ziehen. Damit die Cleats freiliegen, wird einfach ein Schlitz in die Folienschicht über der Schuhsohle geschnitten. Ähnlich wie in den vorherigen Versuchen wird die Frischhaltefolie zur schwitzigen Erfahrung. Die Feuchtigkeit kommt nicht mehr vom Fuß weg und das wird zunehmend unangenehm. Auch hier ist die Müllerzeugung ein großer Nachteil, denn nach jeder Nutzung muss die Folie erneuert werden.
Auf der täglichen Pendelstrecke hat Jan den “Fuß in Frischhaltefolie“-Trick ausprobiert.
Jans Fazit: Es ist nicht ganz so einfach, die Füße in Folie einzuwickeln. Ich benötige zwei bis drei Lagen. Damit ist mein Fuß aber schon fast zu dick für die Fahrradschuhe. Das empfinde ich als unangenehm, was mich beim Radeln auch gedanklich beschäftigt. Einen wirklichen Mehrwert, trotz Thermosocken, merke ich durch die Folie ehrlich gesagt nicht.
Echte Gamechanger für die richtig kalten Temperaturen sind die Tipps aus unserer Sicht alle nicht. Langfristige Lösungen für Vielfahrer im Winter sind weder Plastik noch Alufolie. Sinnvoll können die vorgestellten Methoden unterwegs sein. Kälteeinbruch und Regen auf der Bikepackingtour? Lange Abfahrten in den Bergen? In diesen Situationen kann eine Plastiktüte noch besser vor nassen und kalten Füßen retten als gar nichts.
Wenn unterwegs die Zahl auf dem Thermometer noch gerade über dem Gefrierpunkt liegt, so wird nach unserer Beurteilung am besten die Alufolie vor dem Auskühlen helfen. Allerdings waren weder Alufolie noch die Plastiktüten vollständig wasserdicht. Ein großer Negativaspekt ist die Müllerzeugung. Zusätzlich empfehlenswert ist die Nutzung von Überschuhen. Denn diese schützen vor Fahrtwind und Spritzwasser. Allen, die regelmäßig im Winter draußen fahren möchten und unter kalten Füßen leiden, empfehlen wir die dauerhafteren Lösungen aus den Low-Budget-Tipps.
In dieser Kategorie stellen wir Produkte vor, die für relativ kleines Geld zu erhalten sind und weniger DIY-Charakter haben als Alufolie und Plastiktüte. Wie gut halten Merinosocken, wasserdichte Socken oder Überschuhe die Füße warm und trocken?
Thermosocken wie die von Gore Wear * bestehen aus funktionellen Fasern und haben eine dickere Struktur. Die schnelltrocknende Wollfaser ist sehr atmungsaktiv, reguliert die Feuchtigkeit und hält den Fuß angenehm trocken und warm. Die Socken gibt es in einer mittellangen und einer hohen Version.
Die feste Struktur sorgt für einen guten Sitz. Der Zehen und Fersenbereich sind extra geschützt. Preislich befinden sich die Socken im unteren Preissegment und sind bereits ab 16 Euro zu haben.
Fazit von Jan: Die Socken sitzen angenehm und spannen nicht. Sie sind nicht zu dick für meine Bike-Schuhe. Ich habe die Thermosocken bei nassen und teils regnerischen Bedingungen um die zwei Grad, aber auch den ersten Minusgraden mit Schnee ausprobiert. Sie hielten meine Füße trocken und das Kälteempfinden war spürbar verringert. Das für mich beste Ergebnis erreichte ich in Kombination mit Überschuhen.
Merinowolle wird im Outdoorsport immer beliebter. Das liegt an den guten Eigenschaften wie der Wärmeregulierung und der Atmungsaktivität der Wolle. Zudem nimmt sie kaum Gerüche an und kratzt nicht wie normale Schafswolle. Anders als Kunstfasern wärmt Merinowolle auch noch im nassen Zustand.
Tipp: Auf die Materialzusammensetzung der Socken achten. Bei einem hohen Anteil an Merino kommen die Vorteile der Wolle besonders zur Geltung, allerdings macht das die Socken auch empfindlicher. Merinowolle ist nicht sehr robust, deswegen nutzt ein Anteil spezieller Kunstfaser der Haltbarkeit.
Wir empfehlen, Produkte aus Merinowolle nur bei Marken zu kaufen, die garantiert mulesing-freie Wolle verwenden. Diese Praktik ist besonders in Australien üblich. Den Schafen werden dabei meist ohne Betäubung Hautfalten abgeschnitten. Mittlerweile gibt es viele Anbieter, die bewusst nur Wolle in Ländern kaufen, in denen Mulesing verboten ist.
Merinosocken gehören im Winter zu Amiras Bike-Ausstattung. Sie kombiniert die Socken mit entsprechenden Sohlen und Überschuhen. Winterschuhe trägt sie nicht.
Als Drittes im Sockenbunde gehören wasserdichte Socken zur Geheimwaffe gegen kalte Füße. Eine spezielle Beschichtung sorgt für die wasserabweisende Funktion. Dadurch sind die Socken auch winddicht, was sie deutlich wärmer macht als normale Socken. Das Material ist trotzdem elastisch.
Unsere Gravel Club-Testcrew hat gute Erfahrungen mit den Socken von Sealskinz und dem Hummvee-Modell von Endura * gemacht. Das Modell von Endura besteht aus einem dünnen dreilagigen Material, was sich so auch in engeren Schuhen tragen lässt. Sealskinz bietet die wasserdichten Socken auch in unterschiedlichen Temperaturkategorien an.
Jans Fazit: Ich nutze bereits seit Jahren wasserdichte Socken des schottischen Outdoor-Herstellers DLX. Die Socke hat eine gute Struktur, die den Fuß fest umschließt und das Wasser tatsächlich fernhält. Dadurch hatte ich immer und tatsächlich auch zu Minusgraden, warme Füße. Nachteil ist jedoch, dass die Socken etwas dicker sind und ich diese nicht in meinen aktuellen Gravelbike-Schuhen tragen könnte.
Verenas Fazit: Meine Füße bleiben in den wasserdichten Socken von Endura * deutlich wärmer. Auch dass sie sich nicht mit Spritzwasser vollsaugen, wenn man mal durch eine Pfütze fährt, ist ein großer Vorteil. Dadurch sind sie aber nicht so atmungsaktiv wie normale Socken. Für ein paar Stunden auf dem Rad ist es in Ordnung, den ganzen Tag möchte ich sie aber nicht tragen müssen.
Eine zusätzliche Wärmequellen für das Innere des Schuhs? Klingt nach einer guten Idee. In Drogeriemärkten und bei Sport- und Outdoorshops gibt es spezielle Fußwärmer, die zwischen Fuß und Sohle für Wärme sorgen. Sie werden beim Öffnen der Verpackung durch Sauerstoff aktiviert und strahlen bis zu acht Stunden leichte Wärme aus. Leider sind sie nur ein Mal verwendbar und somit nicht besondes nachhaltig.
Jeanette und Mick vom Gravel Club Köln/Bergisches schwören bei niedrigen Temperaturen auf die beheizten Sohlen und Klebepads. Sie nutzen das Modell des Sportartikelherstellers Decathlon. Eine Packung enthält 2x15 Pads.
Micks Fazit: Die Klebepads habe ich bereits im letzten Winter ganz häufig genutzt. Ich bin mit meinen warmen Wanderstiefeln auf Flatpedals gefahren. Dabei habe ich mir die Pads unter die Sohle vorne an die Zehen geklebt, da dies mein kälteempfindlichster Bereich ist. Durch die Pads konnte ich bei Minusgraden zumindest die Zeit bis zum Erkalten meiner Zehen herauszögern. Die Nutzungsdauer war aber begrenzt auf maximal zwei bis drei Stunden. Bei längeren Touren halfen die Pads dann einfach nicht mehr. Bei leichten Plusgraden funktionieren sie sehr gut, da war es dann kein Problem, auch Touren von mehr als vier Stunden zu fahren.
Anwendung: Nach dem Öffnen der Verpackung die zwei Klebebands herausholen, die Schutzfolie abziehen und die Pads fünf Minuten liegen lassen. Dann die Pads in die Schuhe kleben. Die Schuhe sollten nicht zu eng sein, da für die Hitzeentwicklung der Pads etwas Luft erforderlich ist.
Profi-Tipp: Wenn die Tour nicht den ganzen Tag dauert, können die Wärmesohlen luftdicht aufbewahrt werden. Damit wird die Reaktion mit dem Sauerstoff unterbrochen und die Fußwärmer können noch auf der nächsten Ausfahrt verwendet werden.
Überschuhe werden über die normalen Radschuhe gezogen. Sie schotten die Schuhe nach außen gegen Witterungseinflüsse ab. Die Modellpalette ist vielfältig. Es gibt dünne Modelle, die lediglich gegen Wind und Nässe schützen, bis hin zu extra dick isolierten Modellen bei absolut winterlichen Bedingungen.
Viele Überschuhe bestehen aus Neopren. Das Material ist allerdings nicht wasserdicht und auch wenig atmungsaktiv. Dadurch wird der Fuß meistens etwas feucht. Die Stärke des Neoprens liegt darin, auch im nassen Zustand zu isolieren. Auch durch die Cleataufnahme an der Schuhsohle kann häufig Wasser eindringen. Etwas Alufolie oder Panzertape zwischen Schuh und herausnehmbarer Sohle kann hier helfen.
Ein dünneres Modell ist der S1100X Soft Shell Überschuh * von Shimano. Der Überschuh ist aus winddichtem Softshell gefertigt und elastisch. Die verschweißten Nähte verbessern den Schutz vor Spritzwasser. Verstärktes Material im Zehenbereich macht den Überschuh haltbarer. Der als MTB-Modell ausgerichtete Überschuh verfügt über reflektierende Elemente
Fazit von Jan:
Der Überschuh von Shimano macht einen robusten Eindruck und ist für mich bei Temperaturen bis 0 Grad die erste Wahl. Der enganliegende Überschuh lässt sich gut dehnen und damit gut anlegen. Der Reißverschluss ist stabil und bleibt auch beim Fahren geschlossen. Der Stoff des Überschuhs hält Regen zuverlässig ab, somit fühlt sich meine Fußpartie gut geschützt an.
Auf besonders kalte Temperaturen sind die Freezing Point II * Überschuhe von Endura ausgerichtet. Sie sind aus wasserabweisendem Neopren gefertigt und innen mit Fleece gefüttert. Sohle und Nähte sind mit Aramid verstärkt, um diese besonders strapazierten Stellen haltbarer zu machen. Der Überschuh hat den Vorteil, dass er etwas höher geschnitten ist. Er ist mit reflektierenden Elementen ausgestattet.
Amiras Fazit: Die Überschuhe machen einen guten Eindruck. Optisch sehen sie gut aus. Auch das Material fühlt sich qualitativ sehr hochwertig an! Bei der Test-Tour hatten wir alles dabei: Kälte, Matsch, Feuchtigkeit und am Ende sogar Sonne. Ich habe die Überschuhe nach der Tour mit einem Wasserschlauch sauber gemacht, dabei sind meine Schuhe und die Socken trocken geblieben.
Für relativ kleines Geld lässt sich der Kälteschutz schon deutlich verbessern. Besonders die Thermo-, Merino- und die wasserdichten Socken stechen für uns heraus. In Kombination mit einem guten Überschuh sind die Füße deutlich besser geschützt als nur in Sommerschuhen. Für insgesamt 50 bis 80 Euro lassen sich je nach individuellem Kälteempfinden kurze Wintertouren bewältigen.
Problematisch kann die entstehende Feuchtigkeit sein. Auch bei Minustemperaturen geraten die Low-Budget-Tipps oft an ihr Grenzen.
Hier stellen wir die einfachste, aber auch teuerste Lösung vor: Spezielle Winter-Radschuhe. Auch diese gibt es in diversen Preisklassen. Die Gravel Club-Testcrew hat die Modelle von Shimano, Northwave, 45NRTH und Fizik persönlich getestet.
UVP: 250 €
Shimanos SH-MW702 ist speziell auf XC- und Cyclocross ausgerichtet. Die Stollen sorgen für Grip im Matsch und die Sohle soll dank spezieller Gummimischung äußerst rutschfest sein. Der Schuh ist aus Kunststoff und bietet einen Schaft aus Neopren, der bis über das Sprunggelenk reicht. Oben wird er mit einem starken Klettverschluss verschlossen. Geschnürt wird der Schuh mittels des bewährten BOA-Drehverschlusses. Der Innenbereich ist mit wasserdichtem Gore-Tex gefüttert, das für zusätzliche Isolation sorgt. Reflektierende Elemente verbessern die Sichtbarkeit in der dunklen Jahreszeit.
Fazit von Jan: Bei der Nutzung fiel mir der wirklich gute Sitz auf. Ich habe einen recht breiten Fuß und öfters Probleme mit Bikeschuhen. Bei Shimano muss man in der Regel eine Nummer größer nehmen, auch bei diesem Modell bin ich so vorgegangen. Mit dickeren Socken habe ich nun keine Probleme. Mich begeistert der Schuh in Punkto Wärmeleistung. Ich habe den Schuh bereits bei Temperaturen unter -5 Grad genutzt und hatte ein angenehmes Gefühl. Er ist sehr angenehm zu tragen und bietet mir warme und trockene Füße. Das lässt mich die kalten Temperaturen beim Radeln förmlich vergessen. Zudem sind Überschuhe kein Thema mehr. Die Abdeckung über der Schnürung hält Regen und Schnee ab. Der Schuh fühlt sich beim Gehen steifer an als bei normalen SPD-Schuhen, ist aber immer noch angenehm zu tragen. Die Verarbeitungsqualität ist sehr gut und überzeugt mich. Auch beim Pedalieren fühlt er sich sehr angenehm an.
UVP: 270 €
Der Schuh mit dem schlanken Schaft macht einen sportlichen Eindruck. Die Verarbeitung ist sehr gut und präzise und das Material wirkt hochwertig. Verschlossen wird der Schuh mit dem von Northwave entworfenen Verschlusssystem SLW 2. Dieses erforderte zu Beginn etwas Übung, funktionierte dann aber sehr gut. Mit Handschuhen ist die Anpassung jedoch nicht ganz so einfach. Reflektierende Elemente rund um den Schuh sorgen für Sichtbarkeit im Dunkeln. Die Sohle ist rutschfest, beim Laufen fühlt es sich gut und griffig an. Zwei angeschraubte Stollen im Zehenbereich lassen sich sogar austauschen.
Von innen sind die Northwave Winterschuhe mit einer isolierenden, wasser- und winddichten GORE-TEX®-Koala-Membran gefüttert. Der Cleat stört beim Gehen nicht. Der Schaft ist durch die GORE-TEX®-Rattler-Membran wasserabweisend. Zwei Laschen vorne und hinten helfen beim Anziehen.
Fazit von Jeanette: Der Schuh ist für mich ein Must-Have. Trotz des Anschaffungspreises lohnt sich aus meiner Sicht ein Paar Winterschuhe. Kleine Bäche oder Pfützen waren gar kein Problem mehr und meine Füße blieben trocken. Der gesamte Fuß- und Knöchelbereich wurde angenehm warmgehalten. Das Modell von Northwave empfinde ich als bequem mit einem guten und festen Sitz. Mittels des Drehverschlusses hält der Schuh gut am Fuß. An die Bedienung des Drehverschlusses habe ich mich schnell gewöhnt. Die nicht ganz optimale Bedienung mit Handschuhen empfinde ich als Jammern auf hohem Niveau.
UVP: 350 €
Der Wölvhammer von 45NRTH ist für die besonders eisigen Abenteuer auf dem Bike gedacht. Zwischen -4 und -18 Grad Celsius soll seine Komforttemperatur liegen. Auf jeden Fall sticht der Schuh optisch heraus. Er ist deutlich mehr gepolstert als übliche, eher sportliche Winter-Radschuhe. Geschnürt wird der Wölvhammer mittels eines BOA-Drehverschlusses.
Besonders ist der herausnehmbare Innenschuh, damit der Schuh schneller trocknet. Eine wasserdichte und atmungsaktive Membran soll für Tragekomfort sorgen. 200 Gramm Primaloft-Fütterung isolieren vor Kälte und Fahrtwind. In der Sohle befindet sich ein spezielles Aero-Gel, das vor der Kältebrücke Pedal und haftendem Schnee und Eis schützen soll. Die rutschfeste Sohle lässt Fahren mit Klickpedalen und Flatpedals zu.
Mick hat den Wölvhammer im Bergischen Land getestet. Die Touren waren etwa zwei Stunden lang bei Temperaturen zwischen -5 und +2 Grad Celsius. Extremere Kälte hat das rheinische Klima nicht hergegeben. ;-)
Fazit von Mick: Der Schuh hat eine überragende Wärmeleistung bei Minusgraden. Dünne Socken reichen dann völlig aus. Da der Schuh eher noch für extreme Tiefsttemperaturen ausgelegt ist, führten die Testbedingungen von +2 bis -2 Grad zu einem leicht verschwitzten Fuß, was aber nicht unangenehm war. Bei weniger als -2 Grad war der Schuh auch nach längerer Nutzung noch sehr angenehm, ich hätte noch ewig weiterfahren können. Kein Vergleich zu allem anderen, was ich bisher ausprobiert habe.
Der Wölvhammer ist definitiv ein Schuh, der für richtig kaltes Wetter oder sehr empfindliche Fahrer:Innen geeignet ist. Besonders gut gefiel mir der herausnehmbare Innenschuh, der das Lüften und Trocknen enorm erleichtert. Sehr positiv überrascht bin ich auch darüber, dass trotz Clicksystem von unten keinerlei Kälte in den Schuh zog. Wenn man den Schuh angezogen hat, wirkt er etwas klobig, das ist aber Jammern auf hohem Niveau, sicher das dem Gesamtkonzept geschuldet.
Die Passform ist sehr angenehm und nach dem Hineinschlüpfen fühlt sich der Wölvhammer fast wie ein Snowboardschuh an. Druckstellen oder ähnliches blieben aus. Mittels des Klettbands und des BOA-Drehverschlusses kann der Schuh angenehm gespannt werden und ist dann gleichmäßig enganliegend. Beim Gehen ist der Wölvhammer etwas klobig, aber trotzdem weich. Die Kraftübertragung beim Pedalieren ist optimal. Lediglich beim Ausklicken aus dem SPD-Pedal ist durch die weiche Schuhstruktur etwas mehr Kraft erforderlich. Ich empfehle es, den Schuh eine Nummer grösser bestellen als normale Schuhe! Für mich ist der Wölvhammer der mit Abstand beste Winterschuh, den ich bisher gefahren bin.
UVP: 259 €
Der Artica ist das sportlichere Modell aus dem Sortiment der Fizik-Winterschuhe. Optisch sieht er fast wie ein normaler Bikeschuh aus. Die Schaftpartie ist aus Neopren und zieht sich hinauf über den Spann. Insgesamt ist sie etwa niedriger als bei den anderen Winterschuhen im Test. Geschlossen wird der Schuh mit dem BOA L6-Drehverschlusssystem und einem Klettband.
Ein Fleece-Innenfutter und die wasserdichte und atmungsaktivee Gore-Tex Membran sorgen für Wärme. Das soll laut Fizik auch bei widrigsten Wetterbedingungen für angenehm temperierte Füße sorgen. Die X5-Außensohle soll bei rutschigen Böden extra viel Grip und Traktion bieten.
Sascha vom Gravel Club in Berlin ist mit dem Modell bereits einige Runden gefahren. Die Touren hatten meistens eine Länge von etwa drei Stunden. Die Temperaturbereiche schwankten zwischen +4 Grad bis knapp unter 0 Grad Celsius.
Fazit von Sascha: Den Fizik Artica sehe ich ganz klar bei schnelleren, sportlichen Touren. Er ist sehr bequem, warm und wasserdicht, fühlt sich aber trotzdem fast wie ein normaler Bikeschuh an. Wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt wandern, kommt der Artica bei mir an seine Grenzen. Dafür ist er einfach nicht so dick gefüttert. Die Gore-Tex Membran schützt hervorragend gegen eindringendes Wasser.
Optisch gefällt mir der Schuh gut, er wirkt sehr hochwertig verarbeitet. Für eine bessere Sichtbarkeit würde ich mir noch dezente Reflektorelemente wünschen. Oft sind Winter-Radschuhe schwierig anzuziehen. Das ist bei diesem Modell gar nicht der Fall, er lässt sich sehr weit öffnen und so kommt man auch mit dicken Socken sehr einfach in den Schuh.
UVP: 279 €
Der Terra Nanuq ist als All-Mountain-Schuh ausgezeichnet, was ihn für Gravelbike-Fans natürlich nicht weniger interessant macht. Pfützen im Wald und Frost sind auf dem Mountainbike und Gravelbike gleichermaßen nass und kalt. Auch bei diesem Modell sollen Fleecefutter und die Gore-Tex Koala Membran Kälte und Nässe fernhalten.
Thermo-laminiertes PU verstärkt die Zehenkappe, die Seitenbereiche und die Ferse, um den Schuh haltbarer zu machen. Der Schaft aus Neopren wird mit einem Reißverschluss geöffnet. Er ist deutlich höher als beim Fizik Terra Artica. Das Obermaterial aus Ripstop-Gewebe soll besonders widerstandsfähig sein und Abrieb oder Risse verhindern.
Der Terra Nanuq ist in einer Version für Klickpedale oder mit einer durchgehenden Sohle für Flatpedls erhältlich. Das Vibram XS Trek EVO-Gummiprofil soll unter allen Bedingungen für Grip und Traktion sorgen. Die X2-Außensohle verfügt über eine erweiterte Cleat-Schiene mit mehr Versatz und größerer Flexibilität bei der Wahl des Cleat-Platzes.
Fizik hat uns mehrere Modelle des Terra Nanuq zur Verfügung gestellt, deswegen berichten Andreas, Sascha und Verena von ihren Erfahrungen mit dem Winter-Radschuh.
Alle drei sind sich einig, dass der Schuh sehr hochwertig aussieht und sauber verarbeitet ist. Auch optisch begeistert er.
Schon mit normalen Fahrradsocken fühlt sich der Schuh für Andreas gut und warm an. Die Kraftübertragung ist durch die steife Sohle sehr direkt. Das Anziehen empfinden alle als etwas eng, beim Tragen ist der Nanuq aber sehr komfortabel. Auch die wasserdichte Eigenschaft wird vom Test-Team bestätigt. Sascha würde bei extremerer Kälte eher zum Fizik Terra Nanuq als zum Fizik Terra Artica greifen. Er empfindet hier die bessere Wärmeleistung.
Fazit von Andreas: Ich habe die Schuhe bei Touren um 2 bis 3 Stunden in Temperaturbereichen von +8 Grad bis -2 Grad getestet. Sie machen eine gute Figur und sehen stylisch aus. Den BOA-Verschluss finde ich gut, da sich der Schuh auch bei der Fahrt problemlos anpassen lässt. Die grobe Sohle macht auch Bike & Hike möglich. Lediglich den Einstieg in den Schuh empfinde ich als schwierig, da der Schaft eng geschnitten ist. Trägt man den Schuh dann aber, ist er sehr angenehm. Gefühlt müsste sich der Einstieg nach mehrmaliger Nutzung regulieren.
Fazit von Verena: Der Nanuq gefällt mir optisch viel besser als viele andere Winter-Radschuhe. Er ist deutlich schwerer und klobiger als meine Sommerradschuhe, das ist mir aber egal, hauptsache meine Füße bleiben warm. Auf meinen zwei- bis dreistündigen Touren zwischen 0 und 8 Grad blieben meine Füße immer angenehm trocken, etwas kalt werden sie trotzdem. Es ist deutlich besser als jede Kombination aus Sommerschuhen und Überziehern, aber perfekt ist es auch nicht. Ich habe aber grundsätzlich mit kalten Füßen zu kämpfen. Die Sohle überzeugt mich völlig, selbst auf den nassen Treppenfliesen komme ich nicht ins Rutschen!
Fazit von Sascha: Ich stehe auf den Fizik-Style und liebe diesen Schuh, auch wenn er mich optisch eher an einen Wanderschuh und nicht an einen Radschuh erinnert. Meine eigentlichen Probleme mit meinem hohen Spann bleiben beim Fizik völlig aus. Er passt perfekt. Bei anderen Herstellern hatte ich oft das Problem, in den Schuh zu gelangen. Etwas ausprobieren musste ich die Cleatposition. Obwohl der Schuh einen hohen Preis hat, so würde ich nach dem Test den Betrag ausgeben, da ich nun weiß, was der Schuh kann und welcher Mehrwert dadurch entsteht. Bei meinen Touren zwischen 0 und 4 Grad sind meine Füße warm geblieben.
Unsere Rides mit den Schuhen machen eines klar: Bei winterlichen Bedingungen sind die besten Ergebnisse mit speziellen Winterschuhen zu erzielen. Das Test-Team war sich einig, dass sich die Investition lohnt, wenn man auch im Winter viel draußen fahren möchte. Vor allem der Schutz gegen eindringendes Wasser sorgt für deutlich mehr Wohlbefinden bei Touren in nasskalten Bedingungen. Auch die besonders für matschige Bedingungen konstruierten Sohlen der Winterschuhe haben uns überzeugt. Wir fühlen uns auch zu Füß viel sicherer als mit Sommerschuhen.
Die vorgestellten Modelle sind für unterschiedliche Bedingungen gemacht. Für Menschen mit sehr empfindlichen Füßen wird nicht jedes Modell die perfekte Lösung sein. Die Kombination mit extra-warmen Socken und Fußwärmern kann dann einen zusätzlichen Puffer gegen die Kälte schaffen.
Ganz klar: Ohne Support auch aus der Fahrradbranche können wir die Idee des Gravel Clubs nicht leben. Aber uns ist es wichtig, euch darüber zu informieren, wo und wie wir unterstützt werden. Wir spielen mit offenen Karten.
Konkret haben uns Endura, Northwave, 45NRTH und Fizik zu Darstellungszwecken für diesen Bericht die Testmodelle kostenfrei zur Verfügung gestellt. Alle anderen vorgestellen Produkte haben wir uns selbst gekauft. Auf die Inhalte und Abläufe hatten die Hersteller keinerlei Einfluss.
* Wir nutzen sogenannte Affiliate-Links. Wenn ihr auf einen mit "*" markierten Link klickt und auf der Zielseite etwas kauft, erhalten wir eine Vermittlungsprovision. Das hilft uns, unsere Arbeit zu finanzieren und ist für euch keinen Cent teurer.
Über Jan: Der Mann aus dem Rheinland ist von Haus aus eigentlich Mountainbiker. Auf der Suche nach einer schnellen und vielseitigen Lösung für die gut 20 Kilometer zur Arbeit verguckte er sich jedoch in ein Gravelbike: Das Canyon Grail AL. Bald folgte das vollausgestattete Cube Nuroad Pro FE als Pendlerbike, während das Canyon Grail AL mehr und mehr für den eher sportlichen Einsatz am Wochenende eingesetzt wurde, dann geriet Jan in die Fänge des Gravel Collectives und ist seitdem komplett verloren. Mittlerweile verantwortet er gemeinsam mit Marc den Gravel Club Rheinland und bietet dabei regelmäßig spannende und mit Leidenschaft gescoutete Touren an. Mittlerweile ist er auf das Focus Atlas 6.8 umgestiegen.