
Schotter-Check: Eker Grus
Ein Gravelbike aus Bambus: Das Eker Grus verspricht ein besonders nachhaltiges Fahrrad zu sein, das viel Performance liefert. Im Testbericht lest ihr, ob das Bike der schwedischen Marke überzeugen kann.
Text: Verena Hoppe | Fotos: Merida | 19.10.2023
Stell dir vor, du entwickelst die zweite Generation eines Gravelbikes. Dieses Gravelbike ist seit 2017 auf dem Markt, bevor "Gravelbiken" überhaupt ein fester Begriff war. Es gehört zu den komfort- und tourenorientierten Modellen in der Vielfalt dieses Fahrradtyps. Auch das überarbeitete Modell soll diese Eigenschaften behalten, denn schließlich gibt es schon ein rennorientiertes Allroad-Bike im Portfolio. Für die UCI Gravel World Championships setzt du kurzfristig deinen Top-Teamfahrer auf einen Prototyp des neuen Modells. Und dann lässt dein Teamfahrer die Konkurrenz stehen und gewinnt das Rennen. Weniger als zwei Wochen vor der geplanten Veröffentlichung. Dieses kleine Gravel-Märchen ist den Entwicklern von Merida tatsächlich so passiert. Anscheinend lässt sich das neue „Gravel und Adventure“-Silex nicht von den komplett race-orientierten Bikes da draußen in die Tasche stecken. Wir konnten das neue Silex direkt nach der Gravel WM auf feinstem (und grobem) italienischen Schotter testen.
Das Makeover ist sofort ersichtlich: Während die Optik des SILEX der ersten Generation mit seinem ungewöhnlich langen Steuerrohr für gespaltene Meinungen sorgte, sieht der neue Rahmen wesentlich zurückhaltender aus. Trotzdem sollten gewisse Charakteristika des Silex beibehalten werden. Ein komfortables Rad mit langem Radstand, das alles mitmacht: Lange Graveltouren, Bikepacking-Abenteuer oder auch flottes Pendeln im Alltag. Dafür wurde der Reach verlängert und der Lenkwinkel auf 96.5 Grad verkleinert. Damit soll sich das Gravelbike auch abseits der Straße und vollbeladen mit Bikepackingtaschen stabil fahren lassen. Das recht lange Steuerrohr wurde zugunsten einer längeren Gabel verkürzt. Dadurch ließe sich das Silex auch mit einer Federgabel fahren, ohne dass die Geometrie einschlägig verändert würde. Der in allen Größen 80 mm lange Vorbau sorgt für ein agiles Lenkverhalten.
Neu ist die größere Reifenfreiheit: In alle Modelle bieten nun 700x45 Millimeter Reifenfreiheit und werden mit einem 45 Millimeter breiten Maxxis Rambler ausgeliefert. Die breiteren Reifen sollen Komfort und Handling auf grobem Untergrund verbessern.
Während ein Großteil der aktuellen Gravelbikes mit 160 Millimeter großen Bremsscheiben ausgeliefert wird, vergrößern die Entwickler bei Merida das Silex direkt auf 180 Millimeter. Hier wird das höhere Gesamtgewicht beim Bikepacking mitgedacht. Zusätzlich befindet sich an den Carbon-Modellen spezielle "DISC COOLER"-Kühlkörper. Diese bestehen aus Aluminium und sollen die Hitze, die beim Bremsen entsteht, schneller ableiten.
Alle Modelle können sowohl 1-fach oder 2-fach gefahren werden und bieten Montagepunkte für Schutzbleche. Auf den Aluminiumrahmen können auch Gepäckträger angebracht werden. Sowohl die Aluminium- als auch die Carbon-Modelle sind mit dem "WIRE PORT"-System ausgestattet. Dabei werden Schalt- und Bremszüge über einen speziell geformten Steuersatz in den Rahmen geführt. Das sorgt für eine aufgeräumte Optik und soll störende Geräusche und reibende Kabel verhindern.
Die Aluminium-Rahmen bringen 1900 Gramm auf die Waage, beim Carbonrahmen sind es 1220 Gramm. Die Gabel mit 540 Gramm ist bei allen Modellen gleich. Zusätzlich kann das Kabel eines Nabendynamos intern in der Gabel verlegt werden. An den 3 Schrauben an der Gabel können auf jeder Seite bis zu 10 Kilogramm Gepäck montiert werden.
Alle Modelle gibt es in den Größen XS, S, M, L und XL.
Als ich mich das erste Mal auf das Silex setze, fällt mir direkt auf, wie lang und hoch es vorne ist. Vor allem fällt der Rahmen groß aus. Bei 173 Centimeter Körpergröße schwanke ich meistens zwischen Rahmen in Größe S und M. Wegen des langen Reachs habe ich mich beim SILEX für einen Rahmen in Größe S entschieden. Bei der ersten Fahrt denke ich mir, dass Größe XS vermutlich auch gut gepasst hätte. Mit meinem eher kurzen Oberkörper fühle ich mich auf kleinen Rahmengrößen oft wohler. Fun Fact: Matej Mohoric ist über 10 cm größer als ich und fuhr bei den Gravel World Championships auch das Silex in Größe S – allerdings mit einem 140 mm langen Vorbau. Und anderen Ambitionen, aber darum geht es hier ja nicht.
Durch den langen Radstand muss ich mir bei Ampel-Stopps oder in engen Kurven keine Sorgen um einen Toe-Overlap machen. Egal wie weit ich den Lenker einschlage, ich laufe nicht Gefahr, dass meine Füße den Vorderreifen berühren. Allerdings ist das Rad dadurch nicht sehr wendig und agil in engen Kurven. Die Stärken des Silex liegen im Geradeausfahren. Ich kann mir gut vorstellen, wie laufruhig sich das Bike mit Aufliegern über Waldautobahnen fahren lässt. Vor allem bei sehr langen Fahrten oder gar Ultra Distance-Rennen kann das ein großer Vorteil sein.
Auf den Teststrecken in Italien ist alles dabei: Schmale Trails, Feld- und Wiesenwege sowie mehr oder wenig grobe Schotterwege. Teilweise wird es auch technisch anspruchsvoll. Mit der Zeit merke ich, dass ich das Silex bei den Abfahrten einfach rollen lassen kann. Es macht seinen Job von ganz allein und auch auf steilen, rutschigen Abschnitten kann ich dem Bike vertrauen. Auf den holprigen Wiesenwegen merke ich, für wie viel Fahrkomfort der Carbonrahmen sorgt.
Die an den Rahmen gebauten Kühlrippen gefallen mir optisch gut. Inwieweit sie wirklich helfen, die Bremse bei langen Abfahrten zu kühlen, kann ich nicht testen. Dafür sind die Abfahrten am Rande der italienischen Apenninen doch nicht lang genug. Die 180 Millimeter großen Bremsscheiben packen kraftvoll zu. Sie zeigen auf jeden Fall eine Richtung an, in die sich die Adventure- und MTB-orientierten Gravelbikes in Zukunft entwickeln könnten. Über das Zusatzgewicht sehe ich da gerne hinweg.
Das Ausrichtung des Silex als komfortables Gravelbike für lange Touren erscheint mir durchdacht und gut umgesetzt. Ein stabiles Gravelbike, das über viele Stunden komfortabel ist. Für agilen Trailspass oder gar Crossrennen sind andere Modelle besser geeignet. Hier bekomme ich einfach Lust, das Zelt ans Fahrrad zu schnallen und zu testen, wie sich das Silex schwer beladen fährt.
Modell | SILEX 10K | SILEX 7000 | SILEX 4000 | SILEX 700 | SILEX 400 | SILEX 200 |
---|---|---|---|---|---|---|
Rahmen | SILEX CF II (Carbon) | SILEX CF II (Carbon) | SILEX CF II (Carbon) | SILEX LITE II (Aluminium) | SILEX LITE II (Aluminium) | SILEX LITE II (Aluminium) |
Gabel | SILEX II CF2, tapered, 700 x 47C maximale Reifengröße, (Carbon) | SILEX II CF2, tapered, 700 x 47C maximale Reifengröße, (Carbon) | SILEX II CF2, tapered, 700 x 47C maximale Reifengröße, (Carbon) | SILEX II CF2, tapered, 700 x 47C maximale Reifengröße, (Carbon) | SILEX II CF2, tapered, 700 x 47C maximale Reifengröße, (Carbon) | SILEX II CF2, tapered, 700 x 47C maximale Reifengröße, (Carbon) |
Schaltgruppe | SRAM Red AXS | Shimano GRX820 | Shimano GRX400 | Shimano GRX820 | Shimano GRX400 | Shimano Sora |
Bremsen | SRAM Red AXS, hydraulische Scheibenbremsen | Shimano GRX820, hydraulische Scheibenbremsen | Shimano GRX400, hydraulische Scheibenbremsen | Shimano GRX820, hydraulische Scheibenbremsen | Shimano GRX400, hydraulische Scheibenbremsen | Promax DSK-330R, mechanische Scheibenbremsen |
Übersetzung | 42x10-52, 12-fach | 42x11-51, 12-fach | 46-36x11-36, 10-fach | 42x11-51, 12-fach | 46-36x11-36, 10-fach | 48-32x11-34, 9-fach |
Laufräder | Reynolds Black Lable G700 Pro (Carbon) | Easton EA70 AX (Aluminium) | Merida Expert SL II (Aluminium) | Easton EA70 AX (Aluminium) | Merida Expert SL II (Aluminium) | Merida Comp SL II (Aluminium) |
Reifen | Maxxis Rambler, 700x45C, fold, TR, EXO | Maxxis Rambler, 700x45C, fold, TR, EXO | Maxxis Rambler, 700x45C, fold, TR, EXO | Maxxis Rambler, 700x45C, fold, TR, EXO | Maxxis Rambler, 700x45C, fold, TR, EXO | Maxxis Rambler, 700x45C, fold, TR, EXO |
Vorbau | Merida Team CC III (Aluminium), 80 mm | Merida Team CC III (Aluminium), 80 mm | Merida Team CC III (Aluminium), 80 mm | Merida Team CC III (Aluminium), 80 mm | Merida Team CC III (Aluminium), 80 mm | Merida Team CC III (Aluminium), 80 mm |
Lenker | Easton EC70 AX (Carbon); 400 mm XS-S, 420 mm M, 440 mm L-XL | Merida Expert GRII (Aluminium), 400 mm XS-S, 420 mm M, 440 mm L-XL | Merida Expert GRII (Aluminium), 400 mm XS-S, 420 mm M, 440 mm L-XL | Merida Expert GRII (Aluminium), 400 mm XS-S, 420 mm M, 440 mm L-XL | Merida Expert GRII (Aluminium), 400 mm XS-S, 420 mm M, 440 mm L-XL | Merida Expert GRII (Aluminium), 400 mm XS-S, 420 mm M, 440 mm L-XL |
Sattelstütze | SRAM Reverb XPLR AXS (absenkbar) | Merida Expert CC, 27.2 mm Durchmesser, 15 mm Versatz (Carbon) | Merida Expert CC, 27.2 mm Durchmesser, 15 mm Versatz (Carbon) | Merida Expert CC, 27.2 mm Durchmesser, 15 mm Versatz (Carbon) | Merida Comp CC, 27.2 mm Durchmesser, 5 mm Versatz (Aluminium) | Merida Comp CC, 27.2 mm Durchmesser, 5 mm Versatz (Aluminium) |
Sattel | Prologo Scratch M5 AGX, V-mount Adapter, inkl. Multitool | Merida Expert SL, V-mount Adapter, inkl. Multitool | Merida Comp SL, V-mount | Merida Expert SL, V-mount Adapter, inkl. Multitool | Merida Comp SL, V-mount | Merida Comp SL, V-mount |
Der slowenische Radprofi ist einen Prototyp des Silex bei den UCI Gravel World Championships am 8. Oktober 2023 im italienischen Venetien gefahren. Diese spezielle Lackierung wird es nicht serienmäßig zu kaufen geben. Mohoric fuhr bei Körpergröße 1,85 Meter das Silex in Rahmengröße S – allerdings mit 140 cm langem Vorbau. Auch die Ausstattung mit Shimano Dura Ace-Komponenten ist individuell für Mohorič abgestimmt. Da die Entscheidung für das neue SILEX so kurzfristig fiel, konnte nicht einmal sein Powermeter montiert werden. Das sei aber kein Problem gewesen, "ich habe mich dann einfach an meiner Herzfrequenz orientiert", erzählt der slowenische Radprofi aus dem Team Bahrain Victorious.
+ durchdachtes Konzept als Bikepacking-Rad
+ stabiles Fahrgefühl
+ komfortabel
+ optisch einfach schön
+ integriertes Multitool im Sattel
- kein Leichtgewicht, das muss es aber auch nicht sein
"Das Merida Silex ist ein durchgedachtes Gravelbike, das verschiedenen Zielgruppen viel Freude bereiten könnte. Einerseits in den günstigen Varianten mit Alu-Rahmen als Pendelrad mit Schutzblechen und Gepäckträger, andererseits als Carbonvariante für ambitionierte Touren, Bikepacking und auch Ultra-Rennen. Eigentlich würden wir noch erwähnen, dass es für schnelle Gravelrennen nicht unbedingt das ideale Bike ist. Aber diesbezüglich wurden wir durch die World Gravel Championships eines Besseren belehrt."
Noch mehr Informationen zum Merida Silex gibt es auf der Website des Herstellers.
Ganz klar: Ohne Support auch aus der Fahrradbranche können wir die Idee des Gravel Collectives nicht leben. Aber uns ist es wichtig, euch darüber zu informieren, wo und wie wir unterstützt werden. Wir spielen mit offenen Karten.
Konkret hat uns Merida zu einem Test-Event eingeladen und uns das neue Silex für diese Zeit zum Testen überlassen.
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