
Lakes and Knödel 2024: Ein Gravel-Bikepackingevent
Leona ist bei Lakes and Knödel 2024 von Fuschl am See bis zum Bodensee gefahren. Hier berichtet sie, was sie auf dem Gravel-Bikepacking-Event erlebt hat.
Text: Verena Hoppe | Fotos: Lisa Wassmann & Jakub Kopecký | 28.06.2022
Freunde findet man während des Gravity Bike Festivals beim Duschen. Denn diese frostige Erfahrung für Warmduscherinnen wie mich lässt sich viel besser aushalten, wenn man jeden Wasserkontakt mit einem Aufschrei aus den benachbarten Kabinen mitbekommt und gemeinsam darüber lachen kann. Immerhin hält das kalte Wasser auch das allgemein völlig unterschätzte Duschbier so schön kühl.
Aber fangen wir von vorne an: Ich bin mit meinem bepackten Gravelbike auf dem Weg durch wunderschöne Brandenburger Kiefernwälder zum Gravity Bike Festival. Eigentlich weiß ich gar nicht, was mich erwartet. Angekommen mitten im Nirgendwo – für die kommenden Tage ohne Handyempfang – werde ich nett begrüßt und baue als erstes mein Zelt auf. Hier komme ich direkt mit den anderen Menschen auf dem Zeltplatz ins Gespräch. Schnell ist klar: In den nächsten Tagen muss niemand lange alleine sein. Jede:r kann sich hier überall dazu gesellen. Meine Sorge, alleine zum Festival zu fahren und keinen Anschluss zu finden, erweist sich als völlig unbegründet.
Am Abend wird der Grill angeschmissen: Es gibt vegetarische Burger und selbstgemachte Pommes. Die meisten verabschieden sich früh ins Zelt oder Bungalow, denn morgen steht die Jungfernfahrt des ersten Orbits 2022 an: Der Gravity Circuit im Schlaubetal lässt mit 126 km und lediglich 710 Höhenmetern eigentlich nichts Schlimmes vermuten. Spoiler-Alert: Das zentrale Wort des vorigen Satzes war "eigentlich". Auf der Tour werde ich schell eines Besseren belehrt. Stichwort: Sand. Mit so viel davon habe ich wirklich nicht gerechnet. Das kenne ich aus dem Rheinland in diesen Ausmaßen nicht.
Wir starten alle zusammen auf dem Festivalgelände, doch spätestens bei den ersten Wurzeltrails entzerrt sich die Gruppe stark. Einige heizen weiter, andere fahren gemütlich und nochmal andere reparieren die ersten platten Reifen. Und so geht es auf mal mehr und mal weniger gut fahrbaren Wegen durch das Schlaubetal und die Lieberoser Wüste. Der Name ist Programm.
Die vielen Abschnitte auf Sandboden rauben Kraft. Auch das Wasser geht schneller zur Neige, als mir lieb ist. Vermutlich habe ich mich noch nie so sehr über einen Supermarkt gefreut wie über den Edeka bei Kilometer 105. Er markiert tatsächlich die erste Versorgungsmöglichkeit auf der Strecke. Dessen Mitarbeiter:innen wundern sich über das ungewöhnliche Aufkommen an staubigen Menschen in Fahrradkleidung. Dehydriert und unterzuckert werfen sie alles aufs Kassenband, was der Supermarkt so zu bieten hat. Letztendlich komme ich einige Stunden später als gedacht erschöpft und glücklich ins Ziel. Trotz der vergleichsweise wenigen Kilometer und geringen Höhenmeter, war der Orbit wirklich anspruchsvoll. Die Anstrengung, die Landschaft, aber vor allem das tolle Miteinander in der Gruppe machen diese Tour auf jeden Fall unvergesslich.
Abends auf dem Festivalgelände gibt es leckeres, frisch gekochtes Essen und interessante Programmpunkte: Live bei Johanna Jahnkes „Wundersame Fahrradwelt“-Podcast zuhören, an Gesprächsrunden teilnehmen und Kurzfilme schauen, die sich natürlich alle um Fahrradabenteuer drehen. Und wer nach all dem noch Energie übrig hat, kann in der „Dampfkabine“ zu feinstem Techno Vollgas geben. Dabei handelt es sich um eine grandios umgebaute und dekorierte Sauna.
Programmhöhepunkt am Pfingstsonntag ist der „Komoot Scavanger Hunt“. Eine Art Schnitzeljagd auf dem Rad zu verschiedenen Punkten, an denen die Sponsoren des Festivals stehen und die Teilnehmer:innen unterschiedliche Rätsel lösen dürfen. Spätestens hier stelle ich fest, dass die Nacht wohl doch etwas kurz war. Einen direkten Zusammenhang mit der Dampfkabine streite ich allerdings entschieden ab!
Die Strecken zu den Schnitzeljagd-Punkten können wir selbst bestimmen. Sprich: Wir dürfen uns freiwillig so viel Sandboden zumuten, wie wir wollen. Da sich die Routenplanung aufgrund meines nicht vorhandenen Handyempfangs schwierig gestaltet, schließe ich mich einfach einer netten Gruppe an. So wird die Strecke doch wieder recht abenteuerlich. Aber wer sein Rad liebt, der schiebt. Oder trägt. Bei strahlendem Sonnenschein versammeln wir uns nachmittags alle wieder zur Verkündigung der Schnitzeljagd-Gewinner:innen.
Während des gesamten Wochenendes gibt es immer wieder die Möglichkeit, angeleitet beim Yoga mitzumachen oder „neurogenes Zittern“ auszuprobieren. Diese Entspannungstechnik sorgt bei den Teilnehmenden für viel Erstaunen.
Der letzte Nachmittag klingt gemütlich aus, entweder am See, mit einem kühlen Getränk bei einer der Gesprächsrunden, oder im Whirlpool - der dann soger glücklicherweise über warmes Wasser verfügte. Am Abend treffen wir uns alle nochmal zusammen zur „No-Foot-Challenge“ in einer versteckten kleinen Arena auf dem Festivalgelände. Da meine Trackstand-Skills noch zu wünschen übrig lassen, habe ich viel Spaß dabei, den anderen zuzusehen, wer sich im Getümmel am längsten auf dem Rad halten kann, ohne einen Fuß abzusetzen.
Für mich war die Atmosphäre unter den vielen Gleichgesinnten besonders. Ich habe mich sehr wohl und gut aufgenommen gefühlt. Der gemeinsame erste Orbit am Samstag war dann noch das Sahnehäubchen.
Pünktlich zum Abreisetag am Pfingstmontag werde ich vom Trommeln der Regentropfen auf meinem Zelt geweckt. Der Frühstücksbereich wird spontan ins Haus verlegt. Obwohl schon Aufbruchstimmung herrscht, lasse ich es mir nicht nehmen, noch einen gemütlichen verregneten Morgen mit gutem Kaffee und netten Menschen zu verbringen.
Mein Highlight waren nicht der Whirlpool, die Routen oder sonst so etwas. Es waren die Menschen. Dieser riesen Haufen cooler Rad-Menschen macht das Gravity Festival erst zu dem, was es ist. Dabei ist es total egal, ob es Menschen sind, die ich schon kenne oder gerade erst kennenlerne, Blogger oder Shop-Besitzer, Radprofi oder Raphas Papa.
Es gab so viel Schönes, da kann ich nicht nur einen Punkt benennen. Am besten waren alle super tollen Menschen dort. Die kennenzulernen, mit ihnen mitzufahren und eine schöne Zeit zwischen Menschen zu verbringen, die ähnlich ticken. Die Schnitzeljagd am Sonntag war eine super Gelegenheit, mit neuen Freunden Fahrrad zu fahren. Und danach ab im See baden und die leckersten veganen Burger überhaupt essen!
Die Macher:innen des Gravity Bike Festivals haben hier eine ganz besondere Veranstaltung geschaffen: Ein Wochenende unter lauter Fahrradverrückten, mit einer familiären Atmosphäre und vielseitigem Programm, sodass die Zeit wie im Flug verging.
Bis spätestens nächstes Jahr, liebe Menschen des Gravity Bike Festivals!
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